Social Media im US-Wahlkampf: Spenden dominieren Spendings.

Man hört nicht viel von der Social Media Strategie von Newt Gingrich oder Mitt Romney. Auch vermutlich bereits gescheiterte Kandidaten um die republikanische Präsidentschaftskandidatur haben sich nicht mit überraschenden Social Media-Strategien profiliert.

Die Strategien der von Barak Obama gewonnenen Präsidentenwahl von 2008 haben die Kommunikationswelt aufhorchen lassen. Social Media schien die entscheidende Flanke zu sein, an der Obama am Ende die Wahl gegen McCain gewann.

Die Wahlanalysten vergleichen bereits heute die Kriegskassen für TV Spots und Direktmarketing. Die Budgets und Kampagnen werden zum Großteil von sogenannten Political Action Committees, sogenannten „PACs“ aufgebracht und geführt, denn die Kandidaten selbst unterliegen Ausgabenlimits.
Allein für die ersten beiden Vorwahlen zur republikanischen Präsidentschaftskandidatur wird das Gesamtbudget auf 15 Millionen Dollar geschätzt. Für die eigentlichen Präsidentschaftswahlen wird das absehbar notwendige Budget pro Kandidat auf 1 Milliarde Dollar geschätzt.

Die aktuell eingesetzten Medien sind die Dinosaurier der klassischen Werbung. Die republikanische Kandidatur wird vor allem mit TV-Millionen (und einer inhaltlichen Schlammschlacht) entschieden. Wo ist das Wundermedium Social Media? Ist es bereits abgemeldet?

Nein. Nur täuschen die üblichen Social Media Präsentationen über die Funktion von Social Media in der Wahlkampfstrategie hinweg. Um dies genauer zu beschreiben, muss man einen Blick hinter die Kulissen von einem US-Wahlkampf werfen. Dieser erlaubt Techniken und Vorgehensweisen, die für europäisches Demokratieverständnis oft unverständlich sind. Vergessen wir nicht, wie Jürgen Rüttgers durch ein Spendendinner nach US-Vorbild gravierend in die Kritik geriet. Im US-Wahlkampf sind maschinengesteuerte Werbeanrufe üblich, durch die sich in Deutschland bisher nur der Ex-Richter Gnadenlos, und politischer Ex-Partner von Ole von Beust, Herr Schill besonders negativ hervorgetan hat, Teil des Wahlkampfalltags. In Amerika ist z.B. auch üblich, dass die Parteien ihren Wähler einen Shuttleservice zum Wahllokal anbieten. Eben eine andere Kultur, in jedem Fall eine andere Demokratie-Kultur, in der aktuelle Marketingtechniken für die politische Willensbildung viel akzeptierter sind, als in Deutschland. Gerade deshalb ist der US Wahlkampf ein wichtiges Barometer für Mediastrategien im Marketing.

Nach der Wahl 2008 haben Wahlkampfanalysten eine Verschiebung der Marketingschlagkraft zwischen Republikanern und Demokraten ausgemacht. In den 80er Jahren haben republikanische Wahlkampstrategien die damals neuen Techniken des Direkt und Dialogmarketings besser beherrscht, als die Demokraten. In den US Wahlen von 2008 haben dagegen die Demokraten mit einem besseren Verständnis von dem Potential von Social Media einen Vorteil gegenüber den Republikanern gewonnen.

Der Erfolg von Social Media lässt sich in Zahlen messen. Aber nicht in Spendings, sondern in Spenden. Die Wahl wurde in den letzten Wochen durch eine Outspendingstrategie von Obama gegen McCain entschieden. Die Gelder gingen hauptsächlich in TV, nicht in Social Media. Aber sie kamen aus den sozialen Medien. Die Rolle von Social Media für Obama war die des aktivierenden Kanals für die „kleinen Leute“. Über Social Media und kleine Geldspenden konnten viele „normale Spender“ ihren Kandidaten finanziell unterstützen, damit dieser in einer aus den Fugen laufenden Spendingschlacht seinen Vorsprung bewahren konnte, die in der Vergangenheit durch wenige Reiche entschieden wurde..

2012 wird diese Strategie, Social Media zur Aktivierung der eigenen Anhänger, TV zur Überzeugung der Unentschiedenen noch dramatischer zum Einsatz kommen. Durch eine geänderte Wahlspendenrechtsprechung können sogenannte „Super PACs“ noch größere Mittel einsetzen und die Bedeutung von TV für den US-Wahlkampf um die Unentschiedenen bleibt. Wie 2008 wird der gewinnen, der aktivere Anhänger für sich gewinnen kann und sich finanziell auf sie stützen kann.

So gesehen, belebt Social Media den demokratischen Prozess, in dem er breite Schichten der Anhänger binden und aktivieren hilft. TV bleibt – zusammen mit Direktmarketing – das Instrument für die Beeinflussung der Unentschlossenen. Und dann gibt es 2012 noch einen revolutionären Kommunikationskanal: Die Straßen, auf denen sich die Occupy Bewegung bewegt. Welche Rolle sie 2012 spielt? Man wird sehen.

Gunnar Brune

Tricolore Marketing
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